3. Internationalen L-Wels-Tage – etwa 160 Welsfreunde mit Tüten unterwegs

Von Daniel KONN-VETTERLEIN, Kiel, eingereicht am 29.11.2013, bearbeitet von Ingo SEIDEL am 29.11.2013

Wenn sich das Ramada Hotel in Hannover mit Styroporboxen füllt, die verschiedensten Sprachen zu hören sind und Menschen mit Plastiktüten zum Abendessen kommen, dann ist es wieder soweit: Die L-Wels-Tage finden statt, nun schon zum dritten Mal!

Von Filmen sagt man oft, dass der erste der Beste ist, der zweite nur noch ein Abklatsch und der dritte ein trauriger Versuch, irgendwie noch zu Erfolg zu kommen. Sollte es hier auch so sein?

Am Freitagabend (22.11.) begann die Veranstaltung planmäßig gegen 18 Uhr und Hans-Georg EVERS eröffnete mit seinem Vortrag über das Brasilianische Schild eine Vortragsreihe die für mindestens zwei Jahre wohl ungeschlagen bleiben wird. Erfahrungsgemäß ist der erste Abend für alle Beteiligten am längsten und nur wenige trauen sich, vor Mitternacht ins Zimmer zu gehen. Nach den Vorträgen bilden sich schnell kleinere Gruppen, die einen bleiben im Tagungssaal und die anderen zieht es in den Nachbarraum, den mit den höheren Stühlen und der besseren Versorgung. Aber egal wo man an diesem Abend hingeht: Es geht immer und überall um Welse! Für einen Welsenthusiasten wie mich sind solche Events paradiesisch, schließlich muss man sich nicht erst langsam in sein Thema einarbeiten, sondern kann gleich voll loslegen. Hauptthema war natürlich der Rio Xingu, über den es am Abend ebenfalls zwei Vorträge gegeben hatte. Uns allen wurden durch Unterwasserbilder und -videos komplett neue Ansichten dieses Flusses gezeigt, wie sie zuvor wohl nur die Wenigsten gesehen haben. Und so verwunderte es nicht, dass einige Teilnehmer die gesamte Nacht durchhielten und das leere Getränkeglas vom Vorabend einfach gegen die erste Kaffeetasse am Morgen eintauschten.

Am nächsten Tag startete Mark SABAJ PEREZ ebenfalls mit dem Rio Xingu als Thema und gewährte einen hochinteressanten Einblick in seine Arbeit. Er hätte aber vermutlich auch über Goldhamster reden können, denn Mark versteht es, Informationen auf eine witzige und amüsante Art zu vermitteln. Nach einem guten Mittagessen begann der „Themensamstag“; ein Tag voller „Wurmlinienhypancistrus“, wortwörtlich tausenden Zebrawelsen und vielen interessanten Infos, beispielswiese zur wohl einzigen, professionellen Zucht von H. zebra. Damit meine ich nicht eine gut laufende Gruppe im Keller, sondern eine Farm, die mit gut 400 Aquarien ausgestattet ist, wovon jedes einzelne mit H. zebra besetzt ist! Es handelt sich quasi eine Großhandelsanlage zur Vermehrung einer einzigen Art, das sorgte im Publikum für einige anerkennende Bemerkungen und mein Sitznachbar hatte auch Stunden später noch ein ungläubiges Grinsen im Gesicht.

Robert BUDROVCAN erzählte danach über seine Hypancistrus-Zucht, die bei ihm wirklich den Begriff „Zucht“ verdient. Er selektiert besonders schöne Exemplare aus seiner L 236-Linie und verpaart sie gezielt mit anderen Individuen. Im Ergebnis zeigte er uns zweifellos ein paar wunderschöne Tiere und machte das Thema „Selektionszucht“ vielleicht für den Einen oder Anderen interessant. Denn was bei anderen Fischen schon lange Standard ist, hat sich bei den L-Welsen bisher nicht durchsetzen können.

Noch bevor jedoch über die Vermehrung gesprochen wurde, war es sehr lange sehr still im Saal. Leandro MELO DE SOUSA aus Brasilien stand vor dem Publikum und erzählte ausführlich über seine Arbeit am Rio Xingu, über den Fluss selbst, über die Lebensräume und über den aktuellen Status der Wissenschaft, was die Gattung Hypancistrus im Rio Xingu betrifft. 60 Minuten waren für ihn eingeplant, ich glaube er stand knapp 150 Minuten vorn und danach waren sich alle einig: Dieser Vortrag war das Highlight des Tages und das zeigte sich auch darin, dass trotz des langen Vortrages niemand den Saal verließ und absolute Stille herrschte. Es war ein sehr schöner zweiter Tag, der seinen Abschluss wieder in zahlreichen großen und kleinen Diskussionsrunden fand.

Sonntag, dritter und letzter Tag der Veranstaltung: „Züchtervorträge“ war hier die Überschrift. Zu Beginn gab es jedoch noch zwei allgemeiner gehaltene Vorträge, in einem wurde die Gattung Panaqolus von Andreas TANKE ausführlich vorgestellt und der andere widmete sich nochmals den Hypancistrus aus dem Rio Xingu, mit denen sich Haakon HAAGENSEN in den letzten Monaten intensiv beschäftigt hatte. Daraufhin wurden erfolgreiche Vermehrungen (Acanthicus adonis, Oligancistrus sp. „L 20“, Pseudacanthicus sp. „L 25“ etc.) aus Singapur, Neuseeland, Norwegen und weiteren Ländern vorgestellt. Das mitunter so Schöne an einem internationalen Treffen sind die vielen verschiedenen Ansichten und Herangehensweisen an unser Hobby. Ein Vortragsblock, der wieder mit tollen Bildern und viel Stoff für Wissbegierige gefüllt war, aber eben auch das Ende der Veranstaltung bedeutete.

Organisiert wurde das Spektakel wieder von Ingo SEIDEL und Andreas TANKE unter der Mithilfe von vielen fleißigen Helfern wie Wulf WARBENDE, Melanie PREUß, Oliver FRANK, Jan WESSEL und einiger mehr. Für die IG-BSSW ist ein solches Event sicherlich die beste Werbung, die es geben kann, denn nicht viele Vereine stellen vergleichbare Projekte auf die Beine und haben einen so großen Erfolg damit. Kritisch zu betrachten ist allerdings die Zeiteinteilung im Programm, die bisher leider nie so richtig aufgegangen ist. Weniger Vorträge wären in diesem Falle vielleicht sogar besser, denn wenn Pausen wegfallen und kurze Vorträge stramm hintereinander durchgezogen werden müssen, dann sinkt die Aufmerksamkeit im Publikum und man kann die gebotenen Informationen nicht „sacken lassen“. Die Podiumsdiskussion musste leider sogar entfallen, und es hätte durchaus nochmal interessant werden können, wenn alle ihre teils gegensätzlichen Ansichten miteinander geteilt hätten. Neben den genannten Personen gab es natürlich noch weitere tolle Referenten und Helfer, diese alle zu nennen würde aber den Rahmen sprengen. Ihnen allen und insbesondere auch den Übersetzern danke ich herzlich für das tolle Wochenende.

Bleibt noch die Antwort auf die einleitende Frage, aber wer den Text gelesen hat wird sie schon kennen: Die 3. Internationalen L-Wels-Tage waren ein voller Erfolg, das sehe nicht nur ich so, sondern auch die ca. 200 Teilnehmer (Gut, ich habe grob aufgerundet!) aus allen Teilen der Welt. Als wir in der Schlange zum Auschecken standen, fragte mich ein Freund aus England schon, ob er und „ein paar Freunde“ beim nächsten Mal nicht ein paar Tage früher kommen könnten und ob ich ihnen dann nicht einige Geschäfte und Fischkeller in der Umgebung zeigen könnte. Das kann ich bestimmt, bis in (allerspätestens) zwei Jahren dann!

Kommentar verfassen