Die Gattung Kapuasia kennen Sie nicht? So erging es mir auch, als Anfang November 2024 auf der Webseite des niederländischen Großhändlers Ruinemans eine Schmerle als neu importiert gezeigt wurde, die als Kapuasia maculiceps bezeichnet wurde.
Die Gattung Kapusia wurde Anfang 2024 von Kottelat und Tan für das als Nemacheilus beschriebene und zuvor in Schistura stehende Taxon maculiceps aufgestellt. Benannt ist die Gattung nach dem Kapuas Stromgebiet in Borneo. Sie unterscheidet sich von allen anderen Gattungen der Familie Nemacheilidae durch die Maulmorphologie – dieses ist unter anderem U-förmig stark gebogen und die Unterlippe verdickt (Kottelat und Tan 2024). Ein Blick in die Gattungsbeschreibung mit Abbildungen der zu diesem Zeitpunkt monotypischen Gattung zeigte schnell, dass es sich bei den importierten Tieren nicht um K. maculiceps handeln konnte. Wie der Artname schon sagt, hat K. maculiceps einen gepunkteten Kopf, der Kopf der neu importierten Tiere ist jedoch flächig dunkel gefärbt mit einer hellen Blesse.
Kapuasia falaris, Holotyp ZRC65844, 52,6mm SL, Foto: Tan Heok Hui, Lee Kong Chian Natural History Museum, National University of Singapore.
Zum Vergleich: Kapuasia maculiceps, ZRC61464, 65,1mm SL, Foto: Tan Heok Hui, Lee Kong Chian Natural History Museum, National University of Singapore.
Kapuasia falaris, zwei unterschiedlich gefärbte Schwanzflossen.
Kapuasia falaris, Männchen, Portrait: Ruhende Tiere drehen die Brustflossen meist auf eine typische Art nach oben, ein Verhalten das auch in der Erstbeschreibung erwähnt wird. Pfeil: Hautlappen unter dem Auge (Englisch “suborbital flap”)
Anfang Dezember 2024 wurde dann Kapuasia falaris von Kottelat et. al beschrieben und es wurde schnell klar, dass es sich bei den importierten Tieren um die neu beschriebene Art handeln musste. Der Artname “falaris” verweist dann auch auf die auffällige Blesse – ‘phalaros’ und ‘ris’: mit weißem Punkt auf der Nase.
Auffällig bei K. falaris ist eine polychromatische Färbung der Schwanzflosse – es kommen sowohl Tiere mit rot gefärbter Caudale als auch solche ohne Rotfärbung mit intensiver gefärbten dunklen Flecken in allen Übergangsformen vor. Dabei handelt es sich nicht um einen Geschlechtsunterschied, sowohl Männchen als auch Weibchen können eine mehr oder weniger stark rot gefärbte Schwanzflosse haben (vergleiche Fig. 2 Kottelat, Tan und Hasan 2024). Ob die Färbung eine Funktion in der Sozialstruktur der Art hat, können vielleicht Erfahrungen aus der Aquarienhaltung zeigen.
Die Geschlechter lassen sich anhand eines Hautlappens unter dem Auge (Englisch: “suborbital flap”) unterscheiden, der nur bei den Männchen vorkommt. Weibchen haben an dieser Stelle eine Falte (Englisch: “suborbital crease”).
Über das Habitat in der Natur liegen derzeit wohl keine Informationen vor. Die Art kommt im Barito Stromgebiet im südlichen Kalimantan auf Borneo vor. Die in der Erstbeschreibung angegebenen Koordinaten verweisen auf die Mitte des Dorfes (‘desa’) Pipitak Jaya, das auch in der Erstbeschreibung als Typenfundort angegeben ist.
Im Aquarium scheint K. falaris ein problemlos zu pflegender Fisch zu sein. Erste Erfahrungen zeigen, dass die Haltung in mittelhartem Wasser bei neutralen bis leicht basischen pH-Wert problemlos möglich ist. Das Becken sollte man auf jeden Fall gut abdecken – die Tiere klettern und springen gut. Das Wasser sollte eine gute Sauerstoffsättigung haben – eine stärkere Strömung kommt den Tieren sehr entgegen ist aber nicht unbedingt notwendig. Kunstfutter wie Futtertabletten und Futtergranulat werden ebenso gerne gefressen wie Frost- (Artemia) und Lebendfutter (Artemianauplien, Grindal). Im Verhalten erinnern mich die Tiere ein wenig an die gestreiften Pangio-Arten wie Pangio semicincta, an die auch die Färbung erinnert. Stellt man ausreichend Versteckmöglichkeiten zur Verfügung, bekommt man die Tiere vor allem zur Fütterung zu sehen. Gegenüber anderen, freischwimmenden Fischen und untereinander verhalten sich die Tiere bis auf gelegentliche Rangeleien friedlich.
Mein Dank geht an Heok Hui Tan (Lee Kong Chian Natural History Museum, National University of Singapore) für die Erlaubnis Bilder von K. maculiceps und dem Holotypus von K. falaris zu zeigen, an Thomas Tillmann für die Organisation der Tiere und bei Maurice Kottelat und Ralf Britz für die Hinweise zum Bildautor – die ich aus irgendwelchen Gründen in beiden Papern überlesen hatte…
Text und Fotos sofern nicht anders angegeben: Achim Werckenthin
Literatur:
Kottelat, M. & Tan, H.H. (2024)
Kapuasia, a genus name for ‚Nemacheilus‘ maculiceps (Teleostei: Nemacheilidae).
The Raffles Bulletin of Zoology. 72. 105-109 DOI: 10.26107/RBZ-2024-0008
Kottelat, M., Tan, H.H. & Hasan, V. (2024)
Kapuasia falaris, a new species of nemacheilid loach from Borneo (Teleostei: Nemacheilidae).
The Raffles Bulletin of Zoology. 72. 479-487
DOI: 10.26107/RBZ-2024-0035