Der Zebra-Otocinclus, eine Art mit zwei Gesichtern

Der Zebra-Otocinclus ist die wohl spektakulärste und für die Aquaristik attraktivste Otocinclus-Art. Schon längere Zeit ist bekannt, dass es zwei Formen der 2004 als O. cocama beschriebenen Art gibt: aus dem unterem Río Ucayali und dem Río Tigre Einzugsgebiet. Beide Flüsse entwässern in den Río Marañón, der schließlich in den Amazonas mündet. Während für die Aquaristik seit etwa der Jahrtausendwende zunächst nur die Ucayali Form exportiert wurde, auf der auch die Erstbeschreibung basiert, findet sich in den letzten Jahren hauptsächlich die Tigre-Form im Handel, zumindest in Deutschland. Beide Populationen lassen sich eindeutig anhand Ihres Streifenmusters unterscheiden.
Die Frage, ob es sich die Populationen auch morphologisch und genetisch unterscheiden lassen, und damit auch ob es sich lediglich um Varianten einer Art oder um zwei Arten handelt, wurde von Eduardo MEJIA und Roberto E. REIS untersucht und kürzlich veröffentlicht.

Otocinclus cocama, Ucayali, © Ingo SEIDEL

Otocinclus cocama, Río Tigre, © Ingo SEIDEL

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass es sich bei den zwei Populationen von O. cocama um eine Abstammungslinie handelt, die sich nur geringfügig in Körpergröße und -form unterscheidet. Molekulare Methoden zeigen zwar zwei getrennte Abstammungslinien, allerdings sind sich beide Populationen genetisch sehr ähnlich und es finden sich in einer der Linien Individuen beider Populationen. Dies deutet darauf hin, dass sich beide Populationen immernoch vermischen oder aber erst vor kurzer Zeit getrennt haben.

Die Zucht von O. cocama ist bereits mehrfach gelungen (siehe beispielsweise die Fotoserie bei planetcatfish.com), ein ausführlicher Nachzuchtbericht scheint aber noch nicht veröffentlicht worden zu sein. Nach den Daten der vorliegenden Veröffentlichung ist es wahrscheinlich, dass sich die zwei Populationen kreuzen lassen – daher sollte man sie im Aquarium bei Nachzuchtversuchen möglichst nicht gemeinsam halten, auch um das spezifische Muster der einzelnen Populationen bei Aquarienstämmen zu erhalten.

Literatur:

  • Mejia, E. & Reis, R. E.
    Molecular and morphometric data provide evidence of intraspecific variation in shape and pigmentation pattern in Otocinclus cocama (Siluriformes: Loricariidae) across major river drainages
    Journal of Fish Biology, 27 Dec. 2023
    https://doi.org/10.1111/jfb.15639
  • Reis, R. E.
    Otocinclus cocama, a new uniquely colored loricariid catfish from Peru (Teleostei: Siluriformes), with comments on the impact of taxonomic revisions to the discovery of new taxa
    Neotropical Ichthyology 2(3), Sept. 2004
    https://doi.org/10.1590/S1679-62252004000300001

Text: Achim WERCKENTHIN – Bilder: Ingo SEIDEL