Fischgruppen

Sarcocheilichthys parvus

Sarcocheilichthys parvus Nichols, 1930

Entnommen aus dem BSSW-Report 01-2022

Die Gattung Sarcocheilichthys umfasst ca. zehn Arten, die endemisch im Osten Asiens (Japan, Korea, Vietnam und insbesondere China) vorkommen und dort in kühleren Flüssen, Bächen und Seen vorzufinden sind, wo sie hauptsächlich auf steinigem und geröllgeprägtem Boden leben. S. parvus stammt aus den chinesischen Provinzen Fujian, Guangxi, Guizhou, Jiangxi, und Zhejiang. Das Verbreitungsgebiet sowie die gut untersuchte Diversität der Gattung machen die Arten zu beliebten Forschungsobjekten in Bezug auf Artbildung in Zusammenhang mit geologischen Aktivitäten in der Vergangenheit. Außerdem sind Sarcocheilichthys spp. gern herangezogene Indikatorarten für den Zustand von Gewässern, da sie auf größtenteils unbelastetes Wasser angewiesen sind. (Zhang et al. 2008). Auch das Genom von S. parvus wurde bereits komplett sequenziert (Chen et al. 2013).

Aus der Natur ist bekannt, dass hauptsächlich aquatische Invertebraten und Algen als Nahrung dienen (Zhang et al. 2008). Das entspricht, wenn auch nur sehr ungenau beschrieben, der typischen Ernährung von benthischen Fischen, wie man sie aus solch einem geschilderten Lebensraum erwarten kann.

Die einzige deutsche, mir bekannte Literaturquelle zur Art ist eine kurze Vorstellung von Hans-Georg Evers (2005), der damals ein Einzeltier erhielt und dieses zumindest in Gesellschaft von Tanichthys albonubes als „recht friedlich“ wahrnahm. Das war auch mein Eindruck, den ich über einige Stunden bei der Beobachtung einer kleinen Gruppe machen konnte. Die S. parvus waren viel zu sehr mit ihrem eigenen emsigen Treiben beschäftigt, als dass sie von den Zwergbuntbarschen im selben Becken auch nur Kenntnis genommen hätten. Meine Beobachtungen wurden dann und wann unterbrochen und sind keineswegs aussagekräftig genug um die Art hier als friedlich zu pauschalisieren, es gibt jedoch fast keine Literatur zu der Art, weswegen sie genannt seien. Nichols (1943) gibt Männchen mit einer Länge (SL) von 70 mm an, die Weibchen mit 57 mm. Die Totallänge dürfte demnach 90 bis 100 mm betragen, was für eine klein bleibende und gut für die Aquaristik geeignete Art spräche, zumal die erforderlichen Wasserparameter in einem ungeheizten Becken keinerlei Problem darstellen und auch die Ernährung einfach zu bewerkstelligen ist. In der chinesischen Hobbyliteratur und entsprechenden Internetforen finden sich deutlich mehr Berichte zu S. parvus, in denen ebenfalls von einer einfachen Pflege berichtet wird. Lediglich die Vermehrung ist etwas komplizierter, denn die Eier werden während des Laichakts vom Weibchen in die Mantelöffnung von Süßwassermuscheln platziert (Bănărescu & Nalbant, 1973; Luo et al., 1977). Das macht die Vermehrung im Aquarium etwas schwieriger, aber nicht unmöglich, denn die Strategie ist vom Bitterling (Rhodeus amarus) ebenso bekannt und gelingt auch im Aquarium. Einzig denkbar wäre, dass S. parvus eine bestimmte Muschelart bevorzugt, und beispielsweise europäische Flussmuscheln (Unio crassus) nicht als Laichsubstrat wahrnimmt.

Um meine ersten S. parvus zu sehen, musste ich nicht nach Guangxi reisen, sondern konnte sie im „Zierfischtreff“ von Hubert Schmalzbauer (Theilenhofen) beobachten und fotografieren, dem an dieser Stelle dafür und für tolle Fische gedankt sei.

Text und Foto: Daniel Konn-Vetterlein

 

Literatur:

Bănărescu, P. & Nalbant, T. T. (1973): Pisces Teleostei Cyprinidae (Gobioninae). Berlin: Walter de Gruyter.

Chen X., Zhou Z., Chen Z, & AI W. (2013): Complete mitochondrial genome of Sarcocheilichthys parvus (Cypriniformes, Cyprinidae). Mitochondrial DNA, (2013) 24(2): 97–98

Evers, H. G. (2005): Sarcocheilichthys parvus aus China, Amazonas Magazin, (2005) 2, S. 68

Nichols, J. T. (1930): Some Chinese freshwater fishes. XXIV. Two new Mandarin fishes. XXV. New Sarcocheilichthys in northeastern Kiangsi. American Museum Novitates No. 431: 1-6.

Nichols, J.T., 1943. The freshwater fishes of China. Natural history of Central Asia: Volume IX. The American Museum of Natural History, New York, USA, 322 p.

Zhang L., Tang Q. T. & Liu H. Z. (2008): Phylogeny and speciation of the eastern Asian cyprinid genus Sarcocheilichthys. Journal of Fish Biology (2008) 72, 1122–1137

Ancistrus sp. „L 327“

Ancistrus sp. „L 327“

Zum Höhepunkt der L-Wels-Manie kamen aus dem Rio Jari zahlreiche neue Harnischwelse, die umgehend mit L-Nummern belegt wurden. In DATZ 08/2002 wurde mit L 316 die erste und sogleich eine der populärsten Formen vorgestellt und in DATZ 10/2003 folgte mit L 344 bereits die elfte Vergabe an eine Ancistrus sp., die sich nie in der Aquaristik etablieren konnte. So erging es leider fast allen Arten aus dieser Zeit, und heute trifft man vereinzelt nur noch auf L 316 und L 318. In DATZ 12/2007 folgten mit Hypancistrus sp. L 410 und H. sp. L 411 nochmal zwei Formen, die sich vor allem aufgrund der großen Beliebtheit der Gattung im Allgemeinen vorerst bei Züchtern ein Becken sichern konnten. Aber auch hier war der Erfolg nicht von Dauer, denn aus dem Rio Xingu (Brasilien) kamen zunehmend wunderschöne Hypancistrus, die optisch neue Maßstäbe setzten und viele der ehemalig häufig gepflegten Formen und Arten der Gattung an den Rand drängten.

Der Rio Jari fließt in südlicher Richtung im Nordosten Brasiliens und bildet die Grenze des südlich sowie westlich von ihm gelegenen Bundesstaates Pará und dem östlich gelgenenen Amapá. Er mündet nach 790 km östlich der Mündung des Rio Xingu in den Amazonas.

Ich staunte Anfang Juni 2023 nicht schlecht, als ich in Bergen (Norwegen) einen Zooladen mit Ancistrus sp. L 327 fand, zumal ich wusste, dass Haakon Haagensen für die Aquaristikabteilung des Geschäfts verantwortlich ist und er nicht irgendeine Händlerbezeichnung oder Phantasienamen übernehmen würde. Die Tiere sahen genau so aus, wie L 327 auszusehen haben, wenn man das Originalbild aus dessen Vorstellung in der DATZ zum Vergleich nimmt. Eine schwarze Grundfärbung mit weißen Punkten ist zwar häufig in der Gattung zu finden, aber L 327 ist dazu etwas flacher gebaut, wirkt zudem schmaler und zierlicher. Laut Vorstellung in der DATZ soll die Art nur 8-10 cm Totallänge erreichen, was mir nun durchaus plausibel erscheint. Schon die 5-6 cm messenden Tiere in dem Verkaufsbecken zeigten geschlechtsspezifische Merkmale und machten keinen juvenilen Eindruck mehr.

Im Laufe des Tages kamen wir auf diese gepunktete Besonderheit zu sprechen und natürlich war schnell Thema, dass es schon komisch sei, diese eine Art plötzlich vor sich zu haben, während lange keine Harnischwelse aus dem Jari im Handel waren. Kurzum: Wir riefen bei Mikael Hakansson in Vara (Schweden) an. Hier hat der Großhändler Imazo seinen Sitz, von dem die meisten skandinavischen Händler ihre Fische beziehen. Mikael hatte die Ancistrus importiert, und zwar von Janne Ekström, der wiederum für Arapaima Brazil arbeitet, den aktuell größten Exporteur von Süßwasserfischen ain Brasilien. Nach einem kurzen Austausch bestätigte uns Janne dann, dass es sich tatsächlich um Fänge aus dem Rio Jari handelte. Dort gibt es mittlerweile nur noch einen einzigen verbliebenen Fischfänger, der ihm gelegentlich Fische für den Export anbietet. Die geringe verfügbare Stückzahl sicherte sich daraufhin der schwedische Großhändler und nun bietet sich erneut die Möglichkeit die Art in der Aquaristik zu halten. Ein schwieriges Unterfangen, denn für den gewöhnlichen Aquarianer sieht die Art aus wie viele andere. Mit Ancistrus dolichopterus (L 183) und A. sp. „L 213“ bietet allein Haakon schon drei ähnliche Arten an, die auf den ersten Blick alle gleich aussehen.

Text und Bild: Daniel Konn-Vetterlein

 

Neu beschrieben und importiert: Kapuasia falaris

Kapuasia falaris

Die Gattung Kapuasia kennen Sie nicht? So erging es mir auch, als Anfang November 2024 auf der Webseite des niederländischen Großhändlers Ruinemans eine Schmerle als neu importiert gezeigt wurde, die als Kapuasia maculiceps bezeichnet wurde.

Die Gattung Kapusia wurde Anfang 2024 von Kottelat und Tan für das als Nemacheilus beschriebene und zuvor in Schistura stehende Taxon maculiceps aufgestellt. Benannt ist die Gattung nach dem Kapuas Stromgebiet in Borneo. Weiterlesen

Ein neuer Gebirgsharnischwels

Chaetostoma sacramento ist in der Aquaristik seit 2011 unter den Bezeichnungen L 455, L 456 und L 457 bekannt. Ingo Seidel stellte die Art in der DATZ 07/2011 vor, damals noch in der Annahme, dass es sich um drei unterschiedliche Arten handele. Als Herkunft gab der Exporteur damals einen Zufluss des Río Pisqui (Loreto, Peru). Weiterlesen

Korrekturen einiger Artbezeichnungen aus Dias et al. (2024)

Kürzlich ist mit der Studie „Phylogenetic analyses in the complex Neotropical subfamily Corydoradinae (Siluriformes: Callichthyidae) with a new classification based on morphological and molecular data“ von Dias et al. 2024 eine lang erwartete Revision der populären Panzerwelse erschienen. Weiterlesen

Salmler-Symposium 2024

Liebe Salmler-Freunde,

der erste Teil des Fundamentes ist gesetzt: Wie angekündigt hier schon mal die Eckdaten für unser diesjähriges Salmler-Symposium.

Der Termin ist das Wochenende vom 30.08.-1.09.2024 (Anreise am Freitag, den 30.08) an folgendem Ort:

Hotel & Restaurant Fricke
Niedersachsenstr. 8
D-31275 Lehrte/OT Hämelerwald
+49 (0) 5175 7796
info@hotelfricke.de
www.hotelfricke.de

Ein Doppelzimmer beläuft sich inklusive Frühstück auf 104 EUR, ein Einzelzimmer auf 72 bis 82 EUR, je nach Ausführung und natürlich ebenfalls inklusive Frühstück. Bei den Einzelzimmern gilt, wer früh bucht, bekommt die günstigere Variante. Bitte die Zimmer möglichst frühzeitig unter dem Stichwort: „BSSW“ oder „Salmler-Symposium“ buchen.

Ein, wie immer, vielseitiges Programm rund um Salmler wird gerade von uns erarbeitet und demnächst bekannt gegeben. Wir nehmen gerne auch Vortragsangebote oder -wünsche entgegen. Denn nur damit kommt ein wesentlicher Teil der Veranstaltung neben den Gesprächen zustande.

Hier der aktuelle Stand der Planung:

Freitag    
  Anreise und ggf. gemeinsames Abendessen  
     
Samstag    
10.00 Uhr „Neuigkeiteiten aus der Nomenklatur der Anostomiden
und Altbekanntes aus der Kopfsteherei“
Thomas JOHANNES
10.45 Uhr „Salmler-Raritäten – Vom Balzen bis zur Aufzucht“ Wolfgang HEINRICHS
12.00 Uhr „Neues ber Nanostomus-Haltung und Nachzucht“ Mike BEHM
13.00 Uhr Mittagspause  
14.30 Uhr „Wildes Ngoko – auf Jagd nach dem Baka-Salmler“ Stanislav KISLYUK
16.00 Uhr „Salmler aus Südamerika“ Ernst SCHMIDT
17.00 Uhr „Pencilfishes – Nanostomus mit einem Blick auf die Salmler“ Randy CAREY (USA)
19.00 Uhr Abendessen  
     
Sonntag    
09.00 Uhr „Vorstellung meines Hobbyzimmers inklusive Fisch“ Dirk STOJEK
11.00 Uhr „Orinoco – Über und Unterwasser“ Swen und Anne BUERSCHAPER
12.00 Uhr Mittagessen und/oder Abreise  


Beste Grüße vom Orga-Team
Armin SENGER – Eckhard FISCHER – Achim WERCKENTHIN

Der Zebra-Otocinclus, eine Art mit zwei Gesichtern

Der Zebra-Otocinclus ist die wohl spektakulärste und für die Aquaristik attraktivste Otocinclus-Art. Schon längere Zeit ist bekannt, dass es zwei Formen der 2004 als O. cocama beschriebenen Art gibt: aus dem unterem Río Ucayali und dem Río Tigre Einzugsgebiet. Beide Flüsse entwässern in den Río Marañón, der schließlich in den Amazonas mündet. Während für die Aquaristik seit etwa der Jahrtausendwende zunächst nur die Ucayali Form exportiert wurde, auf der auch die Erstbeschreibung basiert, findet sich in den letzten Jahren hauptsächlich die Tigre-Form im Handel, zumindest in Deutschland. Beide Populationen lassen sich eindeutig anhand Ihres Streifenmusters unterscheiden. Weiterlesen