Otocinclus, Nannoptopoma oder Hypoptopoma?

Im Juli erhielt ich von Laura TRAPPMANN (G. Höner) die Info, dass sie einige besondere Nannoptopoma aus Peru importieren konnten.

Die Firma ist dafür bekannt immer mal wieder Raritäten einführen zu können und ein solcher Coup war auch dieser Import eines fast unbekannten Welses. Aber in der Systematik herrscht Unstetigkeit bei diesen kleinen Harnischwelsen: Arten die ehemals alle kurzerhand als Otocinclus sp. bezeichnet wurden, sind tatsächlich Vertreter einer ganzen Reihe von Gattungen und die hier vorgestellte Art gehört ebenfalls dazu.

Nannoptopoma wurde von SCHAEFER (1996) beschrieben, die bereits 1914 wissenschaftlich erfasste Art Otocinclus spectabilis (EIGENMANN 1914) als Typusart festgelegt, das Artepipheton in N. spectabile geändert und der Gattung die Art N. sternoptychum hinzugefügt. Beide Arten sind in der Aquaristik nur selten erhältlich und auch wenig populär. Ganz anders hingegen verhält es sich mit der hier vorgestellten Art N. sp. „Blanco“ und insbesondere der attraktiv orangegefärbten N. sp. „Peru“. Diese unbeschriebenen Arten stehen bei erfahrenen Aquarianern besonders gut im Kurs. Sie sind jahreszeitlich bedingt zwar nur in kurzen Zeiträumen erhältlich, aber dann trotz ihrer vergleichsweisen hohen Preise sehr beliebt. Dennoch ging eine systematische Änderung größtenteils an der Aquaristik vorbei: Die Revalidierung von Nannoptopoma (DELAPIEVE et al., 2017), nachdem deren zwei Arten im Voraus zu Hypoptopoma überführt wurden (AQUINO & SCHAEFER, 2010).

Letztgenannte Autoren nannten als Schlüsselmerkmale von Hypoptopoma das Vorhandensein von vergrößerten Odontoden am Hinterrand der Rumpfplatten des Abdomens sowie eine seitlich vergrößerte Knochenplatte im Nacken. Daraufhin wurde Nannoptopoma mit Hypoptopoma synonymisiert, denn diese morphologischen Merkmale trafen ebenfalls auf die zwei bekannten Arten zu. Bei der Untersuchung von zahlreichen Vertretern der Hypoptopomatini (DELAPIEVE et al., 2017) zeigte sich, dass Nannoptopoma eine Schwestergruppe zu der in dieser Studie neu beschriebenen Gattung Leptotocinclus darstellt und die Phylogenie des Tribus nicht haltbar wäre, so lange Nannoptopoma als Juniorsynonym zu Hypoptopoma betrachtet würde. Somit müsste die Gattung revalidiert werden um das „höhere taxonomische Ziel“ zu erreichen.

Als Unterscheidungs- und Identifizierungsmerkmal zu allen in Frage kommenden Arten wird in Folge angegeben, dass Nannoptopoma nur eine lateral abdominale und zwei bis drei medial abdominale Knochenplatten besitzt. Alle anderen verwandten Gattungen besitzen mehr lateral abdominale Knochenplatten und sind somit anhand einer Ventralansicht gut zu identifizieren. Anhand dieser Merkmale wurde die Gattung Nannoptopoma somit revalidiert. Eine etwas alltagstauglichere Beschreibung von Nannoptopoma könnte folgendermaßen aussehen: Einem Otocinclus auf den ersten Blick nicht unähnlich, aber flacher und etwas eleganter im Körperbau, die Augen noch stärker zu den Kopfseiten verrückt und der Kopf spitzer zulaufend.

Mike MEUSCHKE, der kürzlich einige Nannoptopoma sp. „Blanco“ erwerben konnte, und dem wir die Bilder verdanken, berichtet nach vier Wochen der Pflege, dass die Welse ähnlich der besser bekannten Art N. sp. „Peru“ zu pflegen seien. Allerdings seien sie bisher auch äußerst schreckhaft und zeigten sich nicht gerne. Die Art ist definitiv noch unbeschrieben und im Handel unter verschiedenen Namen zu finden: Während sie auf L-Welse.com vermutlich zum ersten Mal durch Bilder eines peruanischen Exporteurs der breiten Masse gezeigt, und dort als Nannoptopoma sp. „White“ vorgestellt wurde, ist mittlerweile das spanische Pendant „Blanco“ als Namenszusatz geläufiger. In Asien läuft die Art meist unter „Otocinclus Vampire“, bei den Exporteuren als „Otocinclus Blanco“. Als wahrscheinliches Herkunftsgebiet gilt der Río Huallaga in Peru bzw. vermutlich eher einer seiner Zuflüsse.

Literatur

  • AQUINO AE, SCHAEFER SA. Systematics of the genus Hypoptopoma GÜNTHER, 1868 (Siluriformes, Loricariidae). Bull Am Mus Nat Hist. 2010; 336:1-110.
  • DELAPIEVE, Maria Laura S., LEHMANN A, Pablo, & REIS, Roberto E. (2017). An appraisal of the phylogenetic relationships of Hypoptopomatini cascudinhos with description of two new genera and three new species (Siluriformes: Loricariidae). Neotropical Ichthyology, 15(4), e170079. Epub December 21, 2017.
  • SCHAEFER SA. Nannoptopoma, a new genus of Loricariid catfishes (Siluriformes: Loricariidae) from the Amazon and Orinoco River Basins. Copeia. 1996; (4):913-26.
  • L-Welse.com

Autor: Daniel KONN-VETTERLEIN – Bilder: Mike MEUSCHKE

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