Nach coronabedingten Absagen in den Jahren zuvor konnte am 12. und 13. November 2022 die dritte Auflage des Salmlersymposiums stattfinden. Waren die ersten beiden reine Präsenzveranstaltungen in Hannover, wurde die heurige Ausgabe erstmals rein online über Zoom abgehalten. Die IG BSSW (Internationale Gesellschaft Barben, Salmler, Schmerlen, Welse e.V.) konnte für Samstag drei und für Sonntag vier Referenten gewinnen. Samstags wurden die Vorträge – den Referenten und dem internationalen Publikum geschuldet – auf Englisch gehalten.
Den ersten Vortrag hielt Steven CHESTER aus Großbritannien mit dem Titel „Vermehrung von Roten Neon und Rotkopfsalmler“. Steven ist ein professioneller Fischhalter, der im Laufe der Jahre 500-600 Fischarten nachgezogen hat. Die beiden vorgestellten Fischarten sind das ganze Jahr über im Sortiment des Zierfischhandels zu finden, interessanterweise ist jedoch die gezielte Nachzucht dieser Massenfische eine ordentliche Herausforderung für angehende Züchter. Steven hält die Roten Neons nach Geschlechtern in getrennten Becken. Erst zum Ansatz wird ein Pärchen in einem kleinen Becken mit Edelstahllaichrost zusammengesetzt. Nach zahlreichen Versuchen ist er zum Schluss gekommen, dass für diese Art kein Laichsubstrat benötigt wird. Als Erstfutter werden Paramecium gefüttert, nach wenigen Tagen gehen die Jungfische bereits an Artemia und wachsen danach zügig heran. Die Rotkopfsalmler werden ebenso in kleineren Becken angesetzt. Der Unterschied zu den Roten Neons besteht darin, dass die Rotkopfsalmler auf einem getrockneten Blatt an der Wasseroberfläche ablaichen. Dieses Blatt wird mittels Bambusstäbchen an der Oberfläche gehalten.
Achim WERCKENTHIN aus Deutschland hielt den zweiten Vortrag auf Deutsch und Englisch. Er ging auf die Gattung der Flittersalmler Tyttocharax aus Bolivien ein. Es handelt sich um sehr kleinbleibende Arten, die intensiv bläulich glitzern. Achim konnte mehrere Arten in mehreren bolivianischen Biotopen fangen und nach Deutschland bringen. Sie haben den Import erfreulicherweise gut überstanden. Entgegen der meisten Salmlerarten sind bei Tyttocharax die Männchen größer als die Weibchen und es findet eine innere Befruchtung statt. Zum Laichen werden Pflanzen mit größeren Blättern benötigt, mich hat das Laichverhalten an Keilfleckbärblinge der Gattung Trigonostigma erinnert. Die Pflanzen werden ebenso zum Schlafen aufgesucht. Die Vermehrung gelang Achim in Keilbecken mit relativ starker Strömung und hohen Temperaturen (27-30 °C). Die Aufzucht gelingt mit kleinem Lebendfutter.
Im dritten Vortrag entführte uns Jeremy BASCH aus den USA nach Kolumbien, das er mehrfach für Fischfangreisen besucht hat. Es wurde auf die nötigen Vorbereitungen im Vorfeld sowie benötigte Ausrüstung eingegangen. Teilweise wurden Unterwasserfotos der typischen Biotope gezeigt und die darin zahlreichen Fische vorgestellt. Es wurden an einem Biotop gleich drei Arten der Ziersalmler Nannostomus gefangen, verschiedene Apistogramma, Ancistrus, Corydoras sp. „CW107“, Poecilocharax weitzmani und diverse Killifische.
Im Anschluss an jeden Vortrag gab es intensive Diskussionen, es ging über Nachzuchttechniken, Futter und vieles mehr. Am Samstag konnte ich im Durchschnitt bei jedem Vortrag gute 40 Zuhörer zählen.
Der erste Vortrag am Sonntag wurde von Stefan KÖRBER über die Salmler Argentiniens gehalten. Es wurden die Flusssysteme des Río Uruguay, Río Paraná und Río Paraguay vorgestellt. Besonders interessant fand ich die geologischen Zusammenhänge wie Stromschnellen und Wasserfälle als Fischbarrieren in beide Richtungen. Auch dass so manche Gegend in Argentinien aufgrund fehlender Infrastruktur nur stiefmütterlich erforscht ist. Ebenfalls interessant war, dass mit der Hochwasserwelle die Fische aus dem flussaufwärts gelegenen Paraguay mitgeschwemmt werden und dann eine gewisse Zeit in Argentinien zu fangen sind. Eine Vermehrung dieser „Einwanderer“ wird aufgrund der viel niedrigeren Temperaturen in Argentinien eher ausgeschlossen.
Der Vorsitzende der IG BSSW Daniel KONN-VETTERLEIN zeigte die Salmler der diesjährigen JBL Expedition nach Kolumbien. Der Ausgangspunkt der Touren war Puerto Inirida, und es wurden der Río Inirida, der Río Atabapo mit seinen hellweißen Sandstränden, sowie weitere Canos und Arroyos, befischt. Die Gruppe konnte halbwüchsige Crenicichla sp. beobachten, die zwischen Schwärmen von Nannostomus unifasciatus schwammen. Aufgrund des oftmals sehr klaren Wassers konnten gute Unterwasseraufnahmen gezeigt werden. So zum Beispiel, dass der Bodensalmler Characidium pellucidum mit der Grundel Microphilypnus ternetzi Gemeinschaften bildet. Vom bekannten Rotkopfsalmler konnten in der Trockenzeit nur wenige Individuen dokumentiert werden, in der Regenzeit sollen sich größere Schwärme bilden, die dann auch für den Export einfacher gefangen werden können.
Der dritte Vortrag am Sonntag war eher praktisch-züchterischer Natur. Carsten ZUPP teilte seine Erfahrungen mit Moenkhausia lopesi und Hyphessobrycon sp. aff. simulatus. Die Moenkhausia werden etwas größer, deshalb sind für die Ansatzbecken 80 cm gewählt worden. Die Männchen sind relativ ruppig zueinander. Die Nachzucht gelang in reinem Regenwasser relativ einfach. Die Hyphessobrycon wurden als Beifang zum Roten Phantomsalmler Hyphessobrycon sweglesi importiert. Die Basis der Bauch- und Rückenflosse leuchtet in beiden Geschlechtern intensiv gelb, die Flossenspitzen sind weiß gefärbt. In knallroter Farbe leuchtet die Schwanzflosse. Die ersten Nachzuchtversuche im Leitungswasser blieben ohne Erfolg. Eingehängte Plastikboxen mit einem Lochblech am Boden, viel Lebendfutter und Regenwasser brachten dann den Erfolg. Die Jungfische konnten zusammen aufgezogen werden, sie waren trotz unterschiedlicher Größe zueinander sehr friedlich.
Den abschließenden Vortrag am Sonntag hielt Stefan K. HETZ über Spritzsalmler. Zu Beginn stellte er einige andere Vertreter der Lebiasinidae vor. Die Spritzsalmler Copella arnoldi zeigen bekannterweise ein sehr interessantes Brutverhalten. Sie laichen hauptsächlich außerhalb des Wassers an überhängenden Pflanzenblättern oder im Aquarium an der Deckscheibe. Männchen zeigen untereinander ein tolles Imponierverhalten, die vergrößerten Flossen werden gespreizt und Kontrahenten verdrängt. Vor jedem Laichgang üben die Tiere stundenlang an die Deckscheibe zu springen, was die Frage nach der Effizienz aufkommen lässt. Interessanterweise belegen Videoaufnahmen, dass die Tiere einzeln nicht an der Deckscheibe haften, sondern nur, wenn Männchen und Weichen zusammen springen. Dieses Haften und Laichen dauert 4-5 Sekunden. Die Männchen bespritzen nach dem Laichen die Eier mit gezielten Schwanzflossenschlägen, dies wurde mit 0,4 bis 0,6 s gemessen.
Die Vorträge waren am Sonntag etwas besser besucht, ich konnte 50 bis 53 Teilnehmer pro Vortrag dokumentieren. Ich möchte der IG BSSW als Veranstalter zu dieser Onlineveranstaltung gratulieren, als Salmlerfan bin ich sehr auf meine Kosten gekommen und das, obwohl die Veranstaltung kostenlos war! Vielleicht findet die vierte Ausgabe des Salmlersymposiums wieder als Präsenzveranstaltung statt, ich freue mich jedenfalls schon darauf!
Text: Roman LECHNER – Bilder: Daniel KONN-VETTERLEIN