Eigentlich wollte ich nur um eine Bestimmung bitten, aber wie das nun mal so ist: Es gibt nichts mehr umsonst. Also wurde ich direkt gefragt, ob ich denn nicht auch mal einen kleinen Bericht für den Report über die Salmler schreiben könne, die mir da ins Netz gegangen waren. „Bericht über Salmler, bitte was?“
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So oder so ähnlich hätte es anfangs wohl geklungen was mir so im Kopf herumschwirrte. Nach einigem Überlegen stimmte ich dann doch zu und fragte mich, wo das denn hinführen sollte. Schließlich war (und ist es immer noch) mein Wissen über Salmler sehr begrenzt. Ganz so langweilig, wie ich vorher dachte, war es dann aber gar nicht. Dafür möchte ich insbesondere Stefan K. HETZ und Christian WESTHÄUSER schon mal danken.
Bolivien bietet eine große Anzahl verschiedener Salmlerarten. In einem sehr geringen Radius von ungefähr 50 km um das kleine Dorf Buena Vista in der Mitte des Landes, an den letzten Ausläufern der Anden, konnte ich um die 50 verschiedene Arten nachweisen. Und das in den verschiedensten Biotopen. Die größte Artenvielfalt gibt es zweifelsohne in kleinen Seen oder Lagunen, die von einem Bach gespeist werden. Aber auch in kleinen Bächen (sog. Arróyos) gibt es viel zu entdecken. Meist sind es hier aber kleinere Arten, die sich im Dickicht der Pflanzen versteckt halten, während in den Seen auch große Raubsalmler leben. Natürlich leben aber auch in großen Flüssen viele Salmlerarten, kurzum: es gibt sie überall. Ein paar ausgewählte Arten möchte ich hier jetzt in Wort und Bild kurz vorstellen. Mein persönlicher Liebling unter diesen „Schwimmfischen“ ist Acestrorhynchus altus. Dieser Raubsalmler begegnete mir bereits sehr früh in Bolivien und von Anfang an war ich fasziniert von seiner knallig roten Caudale. Sein Lebensraum umfasst ein riesiges Gebiet von Peru bis Bolivien, und sogar in Paraguay konnte er bereits nachgewiesen werden. Am zahlreichsten ist er in stehenden oder langsam fließenden Gewässern anzutreffen. Eine Endgröße von 30 cm ermöglicht ihm ein sehr großes Beutespektrum. Bevorzugt frisst er ebenfalls frei schwimmende Salmler oder kleine Buntbarsche die sich zu weit ins freie Wasser wagen. Jagende Exemplare gehen sehr gezielt vor und stoßen nicht einfach in einen Schwarm von Beutefischen, sondern nähern sich langsam und schnellen dann nach vorne um ihr Opfer zielgenau in die Flanke zu beißen. Von großem Nutzen sind dabei die starken Kiefer mit den spitzen und scharfen Zähnen. Auf diese ist besonders zu achten, wenn man Tiere mit der Hand aus dem Netz entfernen möchte. In Panik verfallen schnappen “Hundssalmler” (dt. Trivialname) nach allem, was sich ihnen nähert und das tut weh. Höchstwahrscheinlich sind A. altus saison-unabhängige Laicher, denn ich konnte zu jeder Jahreszeit verschiedene Altersstadien fangen. Aufgrund der meist pflanzenreichen Biotope sind es, so nehme ich an, freilaichende, die Umgebung von Pflanzen suchende Laicher.
Für das Aquarium empfiehlt sich in aller erster Linie natürlich ein Artaquarium, aber auch mit anderen, gleichgroßen Fischen sind sie gut zu vergesellschaften. So traf ich ihn in freier Natur zum Beispiel oft in der Gemeinschaft von Pygocentrus nattereri. Alles was Maulgröße hat, ist nur als Lebendfutter geeignet und wird auch nicht verschont.
Ein ebenfalls sehr attraktiver Salmler stammt aus der Unterfamilie Incertae sedis, und zwar ist die Rede von einem Moenkhausia. Im Gegensatz zu dem sehr gut bekannten Verwandten Moenkhausia sanctaefilomenae, der im Handel immer erhältlich ist, zeigt dieser eine gelbe Caudale und auch die Ventrale ist komplett gelb gefärbt. An der Schwanzwurzel hat dieser hübsche Salmler einen dunklen Fleck, der je nach Stimmung und Haltungsbedingungen von tiefschwarz bis zu einem schimmernden dunkelgrün wechseln kann. Auf gleicher Höhe, kurz hinter den Kiemen ist ein sehr ähnlicher Fleck, der aber eher oval als kreisrund wirkt. Die Körperfärbung ist gewohnt schlicht, nur ein leichter Grünschimmer liegt über den Schuppen, der leider erst bei richtigem Licht in Erscheinung tritt. Überraschend ist, dass Moenkhausia sp. meinen Beobachtungen zufolge kleine Gruppen einem größeren Schwarm vorzieht und nie in Schwärmen von mehr als 30 Exemplaren auftritt. Meist stehen diese Gruppen dann im gut geschützten Freiwasser oder schwimmen langsam auf der Suche nach Fressbarem umher. Das natürliche Verhalten ist dem aus den Zooläden gegenüber völlig differenziert. Ich vermute es liegt daran, dass das Wasser in den natürlichen Biotopen immer ein wenig eingefärbt ist und die Fische sich so sicherer fühlen. Diesen Zustand sollte man auch möglichst im Aquarium anstreben. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass der pH-Wert, bei dem Versuch das Wasser einzufärben nicht in saure Bereiche sinkt. Denn dieser Salmler benötigt neutrales, weiches Wasser bei einer Temperatur von ungefähr 25 °C. Bisher habe ich leider noch nie Exemplare dieser Art im Handel gesehen, aber ich bin mir sicher, dass nicht nur ich eine kleine Gruppe dieser kaufen würde.
Zu den Engmaulsalmlern gehört Leporinus friderici. Manchen Literaturangaben zufolge kann diese Art bis zu 40 cm groß werden, ich habe jedoch nie Exemplare mit einer Totallänge von mehr als 25 cm gefangen oder gesehen. Auch dieser Salmler besitzt ein sehr großes Verbreitungsgebiet, und zwar von Französisch Guyana hinab bis nach Argentinien. L. friderici ist ein sehr ruhiger Geselle. Meist lässt er sich mehr oder weniger treiben und zupft hier und da mal an einer Wasserpflanze, einem Palmenblatt oder ähnlichem. Meinen Beobachtungen zufolge ernährt er sich zwar omnivor, tendiert aber zu einer herbivoren Ernährung. Tierische Kost wird nur in Form von Insekten und im juvenilen Stadium möglicherweise auch durch Zooplankton aufgenommen. Er ist kein aktiver Räuber, wozu sein Maul auch gar nicht geschaffen ist. Viel eher erinnert sein Maul mit den beiden starken Kiefern an das von Colossoma macropomum, der damit in der Lage ist, harte Samen aufzubrechen. Natürlich ist dieser Vergleich nur auf den ersten, schnellen Blick gerechtfertigt, sind sie doch eigentlich unterschiedlich aufgebaut. Allerdings wird dadurch deutlich, dass auch Leporinus in der Lage sind Sämereien und kleine Früchte zu knacken. Bevorzugter Lebensraum sind stehende Gewässer, manchmal sogar kleine Tümpel, die in der Trockenzeit nahezu vollständig austrocknen. Einen besonders hübschen Vertreter der „Rosy-Tetra-Gruppe“ gibt es in Bolivien mit Hyphessobrycon sp.. Eine genaue Zuordnung gelang mir nicht, was den Reiz dieses kleinen Salmlers aber nicht mindert. Die Dorsale ist zweifarbig, und zeigt einen breiten schwarzen Streifen in der Mitte und oben und unten schmale, gelbe Bänder. Besonders bei adulten Exemplaren leuchtet die Dorsale durch den starken Kontrast. Noch kräftiger gefärbt ist die Caudale. Mit einem tiefen Rot beeindruckt sie den Betrachter schon beim ersten Blick. Anscheinend haben wir es hier mit einer klein bleibenden Art zu tun. Darauf lassen die relativ großen Augen und auch die gefangenen Exemplare schließen, die selten mehr als 25 mm maßen. Lebensräume sind nahezu alle ruhig fließenden Gewässer, bevorzugt Weißwasser. Hier leben sie in der Nähe des Ufers und suchen den Schutz von Pflanzen, Ästen etc. Einen so ausgeprägten Sexualdimorphismus wie wir es zum Beispiel von Hyphessobrycon rosaceus kennen, gibt es bei dieser Art nicht. Die Exemplare die ich genauer begutachten konnte (mehrere Dutzend) zeigten keinerlei morphologische Unterschiede, weder ausgezogene Flossen noch einen differenzierten Körperbau.Der fünfte im Bunde ist ein glandulocaudiner Salmler. Hier stellte sich mir erst mal die Frage: “Was bedeutet das?”. Wenn man es einmal liest, dann ist es ganz einfach: Glandulocaudine Salmlermännchen besitzen eine Drüse (Glandulum) am Schwanzstiel, mit der sie ihre Samenpakete abgeben. Daher der Name. Manche Arten haben sogar eine innere Befruchtung. Die Weibchen können die Spermien der Männchen in ihrem Körper “lagern” und benötigen bei der Eiablage kein anwesendes Männchen.
Bei diesem handelt es sich um Mimagoniates cf. microlepis. Der Bereich um die Wirbelsäule herum ist in einem hellen grün gefärbt, der weitere Bereich nach außen hin ist farblos. Sowohl After- als auch Schwanzflosse sind leicht rötlich gefärbt. Über dem Kopf befindet sich ein gelber Punkt, der bei Wohlbefinden sehr kräftig ausgeprägt sein kann. Die Lebensweise ist typisch für kleine Salmler: Sie leben in größeren Verbänden meist in kleinen Seen bei weichem, warmen Wasser. Die Balz oder gar einen Paarungsakt konnte ich leider nicht beobachten.
Bisher nur aus dem nördlichen Südamerika bekannt, war Piabucus dentatus. Surinam, Venezuela, Französisch Guyana und der nördliche Bundesstaat Pará galten bis jetzt als Verbreitungsgebiet dieser Art. Der Umstand, dass sie nun auch in Bolivien gefunden wurde (und das in der Mitte des Landes und nicht ganz im Norden), eröffnet ein mögliches Verbreitungsgebiet, was sich über den halben Kontinent erstreckt. Leider scheint dieser Angehörige der Unterfamilie Iguanodectinae in nur sehr geringen Mengen in unseren Aquarien verbreitet zu sein. Für mich unverständlich, denn sowohl die Färbung als auch die Zeichnung ist sehr attraktiv. Herausstechendes Merkmal ist die schwarze Unterlippe, das Maul ist leicht nach oben gerichtet und deutlich nach oben geöffnet. P. dentatus macht einen sehr gestreckten Eindruck, der durch das durchgehende, grünlich glänzende Band noch verstärkt wird. Dieses mündet in einen schwarzen Punkt, der sich genau auf der Schwanzwurzel befindet und von einem gelben Halbkreis umgeben wird. Zu den Enden hin ist die Caudale jedoch wieder farblos wie alle Flossen. Bei gut eingewöhnten Exemplaren hat der Körperteil oberhalb des Bandes eine moosgrüne, schlichte Färbung und der Kopfbereich beginnt in der selben Farbe zu schimmern. Die Endgröße liegt bei ungefähr 15 cm, Geschlechtsunterschiede sind mir keine bekannt. Sollte irgendwann einmal ein Import dieser hübschen, durchaus für das Aquarium geeigneten Salmler erfolgen, dann sollte das Aquarium mit vielen Verstecken ausgestattet sein. Die Wassertemperatur beträgt in den natürlichen Habitaten um die 25° C, das Wasser ist pH–neutral und weich. In der Natur konnte ich eine deutliche Bevorzugung für strömungsarme Gewässer beobachten, daher sollte man das auch bei einer Aquarienpflege berücksichtigen.[/private]